Woche 5

by Michu on Dezember 4, 2010

Vergangene Woche hat eigentlich ganz gut angefangen: Wir mussten erst am Montag Abend bis 23 Uhr einrücken. Was sich dann aber weitgehend relativierte, da es sich so anfühlte, als würde man die Arbeit von fünf Tagen einfach in vier reinpacken. Vor allem körperliche Anstrengungen kamen diese Woche nicht zu kurz, mit dem 10 km Marsch als Höhepunkt.

Wie ich vorletzte Woche übrigens noch erfahren habe, muss ich nicht weitermachen. Das heisst, ich werde voraussichtlich Ende August für immer aus der Armee entlassen. Dauert also noch ein Weilchen.

Auch in Payerne ist es Winter, und das Thermometer befand sich die meiste Zeit unter der Nullmarke. Und da wir die meisten Ausbildungen draussen geniessen durften, wurde uns klar, dass die Lederhandschuhe der Armee ziemlich schnell an ihre Grenzen stossen. Es ist oftmals wärmer, wenn man ohne Handschuhe die Hand zur Faust formt, und in regelmässigen Abständen unter der Schutzweste wieder auf menschliche Temperaturen bringt. Die andere Variante ist, sich dünne Unterhandschuhe zu besorgen, was ich wohl spätestens für nach Grandvillard tun werde; scheinbar sind dort Temperaturen von bis zu -30° C möglich.

Ausbildungen? Beginnen wir mit der letztwöchigen Ausgabe vom Sanitätsdienst. Nach einstündigem Repetieren des Rettungsablaufs bei bewusstlosen Personen (HHHH ABCDE) durften wir draussen zum zweiten Mal die verschiedenen Bergungs- und Rettungsvarianten ausprobieren. Man stellt sich da vielleicht die Sanitätsbarre vor, diese war aber nur eine von ca. 8 Varianten. Und selbstverständlich musste die Barre samt Beladung (Rekrut XYZ) über einen kleinen Parcours getragen werden. Nachher hatten jedenfalls alle Western union locations warm! Die anderen Varianten à la das Opfer über die Schulter nehmen oder auf dem Boden zu ziehen gestalteten sich als nicht minder mühsam; da wir das Ganze aber als Wettbewerb veranstalteten, fand (jedenfalls) ich es ziemlich spassig.

Natürlich durften wir wieder eine Auffrischung in Sachen ABC-Schutz erhalten. Die verschiedenen Bereitschaftsgrade müssen im Falle eines Falles natürlich sitzen. Bereitschaftsgrad Null (BG-0), heisst dass sämtliches Material im Kampfrucksack verstaut ist: Schutzjacke, -hose und Überstiefel. Die Schutzmaske hat man ja immer in der Grundtrageeinheit verstaut. Dann heisst es bspw. BG-1 erstellen, und dazu muss man die Schutzjacke und -hose anziehen, dazu natürlich wieder GT und Kampfrucksack, dass man den Einsatz/Auftrag wieder aufnehmen kann. Bei BG-2 werden dazu noch die Überstiefel angezogen. Bei BG-3 wird es richtig lustig; man setzt die Schutzmaske auf, streift die Kaputze über und verschliesst das Ganze möglichst luftdicht. Schlussendlich bei BG-4 werden noch die Gummihandschuhe übergestreift. Alles in der Reihenfolge wäre allerdings zu langweilig. So heisst es dann nach BG-1 erstellen meistens „C-ALARM!“. Innerhalb von 10 Sekunden muss die Schutzmaske auf Kopf sein, danach werden die Hände mit Entgiftungspulver „entgiftet“, dann die Schuhe, usw. Nach paar mal C-Alarm von verschiedenen Bereitschaftsgraden aus hat aber dann auch der Letzte seinen Spass an der Sache verloren.

Am Dienstag Morgen durften wir eine halbe Stunde früher aufstehen, um die Gruppenführer willkommen zu heissen.  Dazu musste man vorher die erste Strophe der schweizerischen Nationalhymne lernen. Der Text war wohl weniger das Problem, aber ihr könnt euch sicherlich 200 Mann, seit einer Stunde wach, teilweise mit Halsweh, und sicherlich nicht sehr hoher Motivation vorstellen: Das Ganze klang echt armselig, eine x-beliebige Kindergartenklasse hätte lauter und vor allem korrekter gesungen. Nach paar Minuten (so ca. 60), wurden die Gruppenführer dann den Zügen zugeteilt und wir durften endlich verschieben. Man merkte in den vergangenen paar Tagen, dass sie zum Teil noch erheblich überfordert sind, besonders beim Verteilen der Zeit. Manche haben das gar nicht nötig, aber viele Vorgesetzte sagen nach einem Befehl noch die Zeit, in welcher er ausgeführt werden muss. Wenn dann aber der Gruppenführer sagt „Also, jetzt bei allen vier Kampfstiefeln die Schnürsenkel entfernen, danach mit der Trockenbürste putzen, anschliessend in Ruhestellung warten bis ich vorbei komme. Zeit dazu: 90 Sekunden!“, frage ich mich ein kleines bisschen.

Danach wurden wir wieder per Lastwagen nach Torny verschoben, wo wir einen langen Tag voll FED (Flugzeugerkennungsdienst) und ALERT + Nacharbeit bewältigten. Im FED lernten wir die drei schweizer Helikopter Alouette III, Cougar (und mit Flares) und EC635 kennen. Eine nicht so grosse Sache, auch der erste „grosse“ Test war bestehbar. ALERT war mühsamer, da wir plötzlich ziemlich detaillierte Bestandteile wissen mussten. Dies schlug sich auch so in den Testergebnissen nieder, so dass doch eine Menge an Rekruten den TD (Technischer Dienst) beehrten, auf gut Deutsch einfach Nacharbeit.

Der Marsch über 10 km wurde am Donnerstag Abend nach dem Nachtessen durchgeführt.  Wir waren nach diesem Tag eigentlich schon vor dem Marsch müde und geschafft, aber was sein muss, muss sein. Zuerst wurde das Material kontrolliert (dass auch ja niemand 100g weniger schleppen muss, bei uns wurde der halbe Zug für ein Ersatzshirt nochmals quer übers Kasernengelände zurückgeschickt) und noch Zugsmaterial verteilt: Das (mehr oder weniger) tragbare Funkgerät SE-225, die Sanitätsbarre, Verbandsmaterial, Leuchtwesten, etc. Die meisten Rekruten haben zur Verminderung von Blasen zwei Paar Socken angezogen, manche sogar vier. Habe jedenfalls von keinem gehört, der sich nach dem Marsch über Blasenbildung beschwert hat. Die Entfernung war auch kein Problem, der Schnee auch nicht. Der Rucksack war das Problem. Er wurde zwar optimal bepackt, angezogen, komprimiert, etc. Aber für die meisten (inkl. mir) machte sich das Gewicht bereits nach dem ersten Kilometer bemerkbar. Der Kampfrucksack hat eindeutig zu dünne Schulterpolster, werde mir wohl für den nächsten Marsch die breitere Version bestellen. Ich durfte zusätzlich dann noch die Sanitätsbarre über ca. 3 km tragen. So hatte ich trotz -13° C genug warm. In der Mitte des Marsches gab es überraschenderweise einen Zwischenverpflegungsposten mit Bouillon, warmem Tee und paar Snacks. So gestärkt war es dann kein Problem mehr den Rest zu erledigen. Und nachdem das Sturmgewehr geputzt war, durften wir um 23.45 endlich in das heiss ersehnte Bett liegen.

Doch nicht für lange, ich wurde nämlich mit 5 anderen Rekruten auserwählt, bereits um 5.30 Uhr aufzustehen, so dass die Zeit reicht um mit dem Zugführer eine halbe Tonne Material vom Materialmagazin auf ein freies Gelände zu verschieben. Natürlich eingehüllt in 6 Schichten, von Unterwäsche bis zum kompletten Regenschutz und Splitterschutzweste. Nach dem 10 km Marsch ein fast perfekter Morgen, hehe. Danach durften wir Richtungsladungen (neutralerer Begriff als Mine) verteilen, und danach wieder einsammeln.

Freitag Abend war überraschend, wir hatten von 21 Uhr bis 23 Uhr ABV frei, was bis anhin noch nie vorgekommen ist.

Meinen Antrag für den Zugsfotografen wurde nach 2.5 Wochen retourniert. Ich habe den Text eine Zeile zu weit unten begonnen, und statt Oberst, Schulkommandant geschrieben. Danke, ihr könnt mir auch so Arschloch sagen! Habe ihn gestern Abend nochmals korrekter geschrieben, bin gespannt, wie lange die Reaktion dieses Mal dauert. Es gibt paar Fotos von dieser Woche, werde diese aber erst zur Verfügung stellen, wenn ich „offiziell“ Zugsfotograf bin.

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