Woche 18
by Michu on März 19, 2011
Vergangene Woche hätte für unsere Beobachtergruppe eigentlich recht gemütlich (im militärischen Sinn) werden sollen. Doch machte uns der Kompaniekommandant wieder mal einen Strich durch die Rechnung.
Während der Rest der Kompanie die Übung „Enduro“ machte, war unsere Gruppe für die Übung „Open Spirit“ angemeldet. Dort machten neben uns Beobachtern auch noch Stinger-, Rapier- und Übermittlungssoldaten mit. In „Open Spirit“ ging es (auf höherer Stufe) darum, Erkenntnisse über Abläufe und Material zu gewinnen, um sich auf das Stinger-Schiessen im Herbst auf Kreta mit den Deutschen und Griechen vorzubereiten.
Am Sonntag hätten wir bereits um 22 Uhr im Bett sein müssen, wenn nicht jemand den falschen Gewehrverschluss (diese werden vor jedem Abtreten in Kisten gesammelt) genommen hätte. So durften wir alle vom Bett nach draussen in die Kälte springen, und dort etwa 20 Minuten ausharren, während der Kadi jedes einzelnen Soldaten Verschlussnummer und Namen überprüfte.
Um 04.30 Uhr war dann wie erwartet Sammelalarm. Innerhalb von 15 Minuten musste jeder ausgerüstet auf dem AV-Platz stehen: Rasiert und mit komplettem Material. Dann gab es Frühstück, jedenfalls für die ersten paar. Denn der Fourier hatte leider vergessen, dass die Brotlieferung erst kurz vor Sechs eintrifft, und nicht kurz vor Fünf Uhr. So musste man sich mit paar Anschnitten und einem Glas Milch zufrieden geben. Jene, die nicht an „Open Spirit“ teilnahmen, durften nun zum schönen Tagesstart einen 15 km-Marsch machen; zum Glück hatten sie vorher ausgiebig gefrühstückt… Wir verschoben stattdessen zum Fahrzeugpark und bereiteten uns für „Open Spirit“ vor: Alles Material auslegen, putzen, kontrollieren, verräumen. Anschliessend verschiebten wir auf unseren geliebten Waffenplatz in Torny und wurden vom Übungsleiter und Major instruiert. Der Waffenplatz hatte sich in einen Menschenauflauf von Adjudanten und höheren Offizieren verwandelt. Nicht gut.
Für uns hiess „Open Spirit“ lediglich, jeden Morgen einen dynamischen Stellungsbezug mit dem RADAR zu machen, den Tag über bestellte (!) Flugzeuge zu melden, und am Abend alles wieder abzubauen. Um 20 Uhr wäre dann Feierabend gewesen, und einmal abgesehen von zwei Mann Wache, konnte man sich bis um 5 Uhr schlafen legen.
Doch das wäre doch zu einfach gewesen, so hätten wir unseren mikrigen Lohn von CHF 62.– pro Tag doch nicht verdient. So wurden wir Beobachter- und Stingersoldaten dazu verdonnert, zusätzlich bei der Übung „Enduro“ mitzumachen.
So richteten wir nach dem Briefing vom Major unser Rückwärtiges ein. Den RADAR mussten wir etwa 200 m weiter auf einem Hügel aufstellen. Doch natürlich musste ein Stabsadjudant auftauchen, um uns ohne Grund unsere Puchs zu verbieten. So mussten wir sämtliches RADAR-Material zur -Stellung hinauftragen. Sehr sinnvolle Entscheidung, denn so hatten wir ca. 45 Minuten länger, waren null motiviert, und hatten deftige Rückenschmerzen. Dieser RADAR war übrigens für die Übung „Enduro“. Nach dem Aufbauen betrieben wir die Stellung durch die Nacht, bis um 5 Uhr. Erinnerung: Das wäre eigentlich Schlafenszeit gewesen. Nun war „Open Spirit“ an der Reihe: Den zweiten RADAR auslegen, kontrollieren, einräumen und aufstellen. Ein positives Detail hatte dieser RADAR übrigens: Die OC-Unit war viel moderner, dünner und funktionsfähiger. Ausserdem war eine IFF-Unit angeschlossen, die Freund/Feind unterscheiden kann.
An beiden Übungen zusammen teil zu nehmen, hiess für uns: Von 5 Uhr bis 20 Uhr sind wir bei „Open Spirit“ und dazwischen bei „Enduro“. Schlafen musste man natürlich auch mal. Deshalb wurde in ersterer Übung der RADAR stets mit nur vier anstatt sechs Personen auf- und abgebaut. Noch mehr Stress.
Beim Ende der Übung gab der Übungsleiter noch einen freudschen Versprecher von sich, als er uns dankte, „für’s anwesend sein, eh, für’s arbeiten…“ Danach folgte das Putzen, Retablieren und Kontrollieren von ZWEI RADAR, um 20 Uhr waren wir schlussendlich wieder im Camp in Grandvillard. Dort durften wir zuerst Schuhe plus Gewehr putzen, danach eine halbe Stunde warten, bis der Kompaniekommandant es für nötig gefunden hatte, sich blicken zu lassen, und uns zum Abendessen und Duschen zu schicken.
Am Freitag war ich in der Küche in der Fassmannschaft eingeteilt. So ass ich eine halbe Stunde früher als sonst, gab dann das Essen aus, und war danach noch zwei Stunden beim Abwasch. Normalerweise hatte man die restliche Zeit zur freien Verfügung, doch nicht an diesem Freitag. Denn am Nachmittag fand eine grosse Materialkontrolle statt. Und dem Kader kam nichts besseres in den Sinn, als uns nach dem Mittag von der Küche abzuziehen. Der Rest kann ja den Abwasch alleine machen. Tja, und den gesamten Nachmittag legte man dann jedes einzelne Stück an Material auf dem HV-Platz aus, kontrollierte es, und wenn etwas fehlte, wurde es aufgeschrieben. Um 17.30 Uhr hatte ich einen Termin beim Militärarzt, und erhielt neben Crèmes für meine trockene Haut natürlich Schmerzmittel für den bevorstehenden 35 km Marsch. Ich sah übrigens niemand, der nicht mit Schmerzmittel herauswanderte. Währenddessen durften unsere Kameraden (die nicht beim Arzt waren) unser Material zusammenräumen und zurück zur Barracke schaffen. Danach war bereits Zeit zum Abendessen.
Nach dem Abwasch wurde vier Soldaten die Ehre zuteil, bereits an diesem Freitag Abend nach Hause gehen zu dürfen. Selbstverständlich waren dies vier Soldaten meiner Gruppe, da wir wie erwähnt eine recht strenge Woche hatten, blöderweise war ich aber nicht dabei. Ich sei früher mal ungenügend gewesen. Wow. Ok, ich sollte mich gar nicht erst aufregen, aber das geht irgendwie nicht. Ich habe die genau gleiche Scheisse durchgemacht wie die anderen, habe mir Mühe gegeben und gelitten. Ende letzter Woche durften Freitags acht Personen nach Hause, weshalb diese Woche nur vier? Langsam aber sicher sinkt mein Respekt sämtlichen Kadern gegenüber auf unter den eines Hundes. Eines kleinen Hundes.
Anyway, bald war Samstag Morgen. Schon bald zu Hause, dachten wir alle. Um 6 Uhr 15 den Ausgänger angezogen, Schoggidrink und Weggli gegessen. Barracke geputzt. Dann kommt doch tatsächlich ein Wachmeister: „Tenü C (Tarnanzug) anziehen, und in sieben Minuten vor dem Kommandoposten melden“! Die Trottel von Kadern haben bereits gestern die Betriebssoldaten entlassen, deshalb müssen heute wir (!) die Duschen putzen, die Aschenbecher leeren, etc! Sage noch wer, Computer seien nervtötend. Macht erst mal eine RS in der Flabkaserne Payerne! Kein Wunder, haben 45-Jährige Adjudanten bereits weisses Haar, und sehen 21-Jährige Offiziere wie 30-Jährige aus!
Nachdem wir schliesslich dem Befehl nachgekommen sind, und wieder den Ausgänger angezogen hatten, ging es zum Abtreten auf den HV-Platz. Die Anderen waren dort bereits seit 30 Minuten am Warten. Wir warteten dann gemeinsam nochmals 60 Minuten, bis der Herr Kompaniekommandant sein wertes Hintern auch bemühte, und uns schlussendlich mit einer Stunde Verspätung entliess. Sogar der Bus-Chauffeur (der auch warten musste) nannte ihn lauthals einen Baias, worauf wir selbst im Achtung nicht anders konnten als loszulachen und zuzustimmen.
Nun endlich Wochenende bis und mit Montag. Schön ist das Leben!
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